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Title
Zusammenfassendes Gutachten der Exhumierung von zehn ungarischen Juden zwischen Wolfsthal und Hainburg
Subject
Holocaust
Südostwall
Zwangsarbeit
Engerau
Description
Die Staatsanwaltschaft Wien ordnete im Zuge der Vorermittlungen in der Strafsache Engerau einen Lokalaugenschein mit Exhumierung von in einem Massengrab an der Straße zwischen Wolfsthal und Hainburg an. Dabei wurden 10 Tote identifiziert und gerichtsärztliche Gutachten über den Zustand der Leichen angefertigt.
Creator
Staatsanwaltschaft Wien / Gerichtsmedizinisches Institut
Source
WStLA, LG Wien Vg 2b Vr 564/45, 1. Engerau-Prozess, 1. Band
Date
1945-07-25
Language
Deutsch
Type
Dokument (Transkript)
Text Item Type Metadata
Text
Institut für Gerichtliche Medizin Wien, am 25. 7. 1945
der Universität Wien IX/71, Sensengasse 2
Vorstand: Prof. Dr. Fritz Reuter
[...]
Zusammenfassendes Gutachten:
I. Die südöstlich der Reichsstraße zwischen km 46 und 47 auf freiem Felde ausgegrabenen 10 Leichen, konnten ausnahmslos durch die bei ihnen vorgefundenen Dokumente agnosziert werden.
Es sind dies die Leichen
Nr. 1 Dr. Rudolf Pevny,
Nr. 2 Arnold Herz,
Nr. 3 Ernö Lendler,
Nr. 4 Alfred Sreiner [richtig: Steiner],
Nr. 5 Isidor Lehner,
Nr. 6 Elemer Hartslein,
Nr. 7 Laszlo Szekely,
Nr. 8 Jakob Klein,
Nr. 9 Kalman Grohsz,
Nr. 10 Tibor Gold.
II. Die Leichen lagen mehr als 1m tief in festem Erdreich in mehreren Lagen, wobei die oberen Schichten Kopf gegen Fuß in nordsüdlicher Richtung meist am Rücken nebeneinander lagen, während in den unteren Schichten die Leichen sich vielfach z. T. überkreuzt z. T. in der Bauch-lage befanden.
III. Alle Leichen waren durch Fäulnis und Verwesungsvorgänge hochgradig verändert. Es war allgemeiner Wasserverlust eingetreten, wodurch das gewiss schon vorher reduzierte Unterhautfett¬gewebe noch schmäler geworden war, die Muskulatur war schlaff, sodass über ihren Entwick¬lungszustand nichts Näheres ausgesagt werden kann. In der Haut fand sich bereits beginnende Fettwachsbildung, die Eingeweide waren schlaff, faul, flüssigkeitsarm, meist grünlich verfärbt und klein. Auch hier kann über den Zustand der Eingeweide nichts Näheres angegeben werden, da ein Großteil des Erscheinungsbildes auf die Fäulnis- und Verwesungsvorgänge zurückzuführen ist.
Auffallend krankhafte Veränderungen fanden sich nur bei der Leiche 1 des Dr. Rudolf Pevny. Wie weit bei den anderen 9 Leichen solche krankhaften Veränderungen bestanden, konnte an den stark verwesten Leichen nicht mehr festgestellt werden.
IV. Nach den aufgefundenen krankhaften Veränderungen muss angenommen werden, dass Dr. Rudolf Pevny infolge der krankhaften Veränderungen des Herzens an Herzlähmung eines natürlichen Todes gestorben ist, wobei die Strapazen den Eintritt des Todes begünstigt haben können.
V. Bei den Leichen 2-10 konnte ein gewaltsamer Tod durch Erschießen festgestellt werden.
Die Leichen Arnold Herz, Alfred Steiner, Isidor Lehner, Laszlo Szekely und Tibor Gold wiesen [einen] Kopfdurchschuss auf. Die Leichen Ernö Lendler, Elemer Hartslein, Jakob Klein und Kalman Grohsz wiesen Halsdurchschüsse auf, wobei bei den Leichen 6, 8 und 9 der Schuss gegen den aufgestellten Mantelkragen entweder mit angesetzter Mündung oder aus unmittelbarer Nähe abgefeuert worden ist, da sich hier am Stoff Pulverreste chemisch nachweisen ließen.
VI. Die Verletzungen waren derart, dass mit dem Eintritt des Todes kurz nach Erhalt des Schus¬ses in allen Fällen gerechnet werden kann.
Prof. Dr. H. Winkler (Unterschrift) Dozent Dr. L. Breitenecker (Unterschrift)
Assistent Assistent
Gesehen:
Prof. Dr. Fritz Reuter (Unterschrift),
Vorstand d. Institutes
der Universität Wien IX/71, Sensengasse 2
Vorstand: Prof. Dr. Fritz Reuter
[...]
Zusammenfassendes Gutachten:
I. Die südöstlich der Reichsstraße zwischen km 46 und 47 auf freiem Felde ausgegrabenen 10 Leichen, konnten ausnahmslos durch die bei ihnen vorgefundenen Dokumente agnosziert werden.
Es sind dies die Leichen
Nr. 1 Dr. Rudolf Pevny,
Nr. 2 Arnold Herz,
Nr. 3 Ernö Lendler,
Nr. 4 Alfred Sreiner [richtig: Steiner],
Nr. 5 Isidor Lehner,
Nr. 6 Elemer Hartslein,
Nr. 7 Laszlo Szekely,
Nr. 8 Jakob Klein,
Nr. 9 Kalman Grohsz,
Nr. 10 Tibor Gold.
II. Die Leichen lagen mehr als 1m tief in festem Erdreich in mehreren Lagen, wobei die oberen Schichten Kopf gegen Fuß in nordsüdlicher Richtung meist am Rücken nebeneinander lagen, während in den unteren Schichten die Leichen sich vielfach z. T. überkreuzt z. T. in der Bauch-lage befanden.
III. Alle Leichen waren durch Fäulnis und Verwesungsvorgänge hochgradig verändert. Es war allgemeiner Wasserverlust eingetreten, wodurch das gewiss schon vorher reduzierte Unterhautfett¬gewebe noch schmäler geworden war, die Muskulatur war schlaff, sodass über ihren Entwick¬lungszustand nichts Näheres ausgesagt werden kann. In der Haut fand sich bereits beginnende Fettwachsbildung, die Eingeweide waren schlaff, faul, flüssigkeitsarm, meist grünlich verfärbt und klein. Auch hier kann über den Zustand der Eingeweide nichts Näheres angegeben werden, da ein Großteil des Erscheinungsbildes auf die Fäulnis- und Verwesungsvorgänge zurückzuführen ist.
Auffallend krankhafte Veränderungen fanden sich nur bei der Leiche 1 des Dr. Rudolf Pevny. Wie weit bei den anderen 9 Leichen solche krankhaften Veränderungen bestanden, konnte an den stark verwesten Leichen nicht mehr festgestellt werden.
IV. Nach den aufgefundenen krankhaften Veränderungen muss angenommen werden, dass Dr. Rudolf Pevny infolge der krankhaften Veränderungen des Herzens an Herzlähmung eines natürlichen Todes gestorben ist, wobei die Strapazen den Eintritt des Todes begünstigt haben können.
V. Bei den Leichen 2-10 konnte ein gewaltsamer Tod durch Erschießen festgestellt werden.
Die Leichen Arnold Herz, Alfred Steiner, Isidor Lehner, Laszlo Szekely und Tibor Gold wiesen [einen] Kopfdurchschuss auf. Die Leichen Ernö Lendler, Elemer Hartslein, Jakob Klein und Kalman Grohsz wiesen Halsdurchschüsse auf, wobei bei den Leichen 6, 8 und 9 der Schuss gegen den aufgestellten Mantelkragen entweder mit angesetzter Mündung oder aus unmittelbarer Nähe abgefeuert worden ist, da sich hier am Stoff Pulverreste chemisch nachweisen ließen.
VI. Die Verletzungen waren derart, dass mit dem Eintritt des Todes kurz nach Erhalt des Schus¬ses in allen Fällen gerechnet werden kann.
Prof. Dr. H. Winkler (Unterschrift) Dozent Dr. L. Breitenecker (Unterschrift)
Assistent Assistent
Gesehen:
Prof. Dr. Fritz Reuter (Unterschrift),
Vorstand d. Institutes
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