Sektionsprotokoll (19.7.1945) und Gutachten (25.7.1945) Rudolf Pevny

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Titel

Sektionsprotokoll (19.7.1945) und Gutachten (25.7.1945) Rudolf Pevny

Beschreibung

Die Staatsanwaltschaft Wien ordnete im Zuge der Vorermittlungen in der Strafsache Engerau einen Lokalaugenschein mit Exhumierung von in einem Massengrab an der Straße zwischen Wolfsthal und Hainburg an. Dabei wurden 10 Tote identifiziert und gerichtsärztliche Gutachten über den Zustand der Leichen angefertigt. Bei einer der Leichen handelte es sich um Dr. Rudolf Pevny.

Urheber

Staatsanwaltschaft Wien / Gerichtsärztliches Gutachten

Quelle

WStLA, LG Wien Vg 2b Vr 564/45, 1. Engerau-Prozess, 1. Band, Seite 140 - 142

Datum

1947-07

Sprache

Deutsch

Typ

Dokument (Transkript)

Text Item Type Metadata

Text

Institut für Gerichtliche Medizin Wien, am 25.7.1945
der Universität Wien IX/71, Sensengasse 2
Vorstand: Prof. Dr. Fritz Reuter
[...]

Gutachten:

Leiche Nr. I wurde auf Grund der bei ihr vorgefundenen Dokumente eindeutig als die des Dr. Rudolf Pevny agnosziert.

Dr. Rudolf Pevny ist offenbar infolge Herzkranzschlagaderverkalkung, Herzerweiterung und Fettdurchwachsung des Herzfleisches an Herzlähmung eines natürlichen Todes gestorben.

Die Leichenöffnung ergab überdies einen beträchtlichen Schwund des Unterhautfettgewebes sowie auch des Fettgewebes an den inneren Organen, sodass mit Berechtigung anzunehmen ist, dass bei Dr. Rudolf Pevny eine beträchtliche Unterernährung vorlag und dass im Zusammenhang mit den festgestellten krankhaften Veränderungen des Herzens der Tod an Erschöpfung eingetre¬ten ist. Dass Dr. Rudolf Pevny tatsächlich herzkrank war, ist auf Grund der bei ihm vorgefunde¬nen Herzmittel – wie Cardiazol und Digipurat – mit Sicherheit anzunehmen. Außer einer kleinhandflächengroßen blutigen Durchtränkung des Unterhautzellgewebes in der rechten Rückenhälfte, die durch Einwirkung einer stumpfen Gewalt – z. B. durch Schlag oder Hinstürzen auf den Boden – entstanden sein kann, zeigte die Leiche keinerlei Verletzungsspuren. Durch das lange Liegen im Erdgrab war überdies ein beträchtlicher Flüssigkeitsverlust an der Leiche festzustellen.

Prof. Breitenecker, Ass[istent]. am Inst[itut] (Unterschrift)
Doz. Wink¬ler, Ass. a. Inst. (Unterschrift)

Gesehen:
Prof. Reuter, Vorstand d. Inst. (Unterschrift)


[...]


Sektionsprotokoll
aufgenommen vom Landesgericht Wien, Geschäftsbereich Strafsachen
am 19. Juli 1945

Gegenstand
ist die gerichtliche Beschau und Eröffnung der Leiche des Dr. Rudolf Pevny.

Gegenwärtig:


von Seite des Gerichts:
der Untersuchungsrichter:
OLGR Dr. Schulz
der beeidete Schriftführer:
Felkl
von Seiten der Staatsanwaltschaft:
der Staatsanwalt:
StA Dr. Lassmann

die Sachverständigen:
Doz. Dr. Winkler
Prof. Dr. Breitenecker

als Gerichtszeugen:
[...]

Die gerichtliche Beschau und Eröffnung einer Leiche [...] wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft beim Landesgericht Wien [...] vom [...] Staatsanwalt angeordnet.

[...] Die Identität der Leiche erscheint mit Rücksicht darauf, dass selbe mit Anzeige des Polizeiamtes [...] überbracht wurde, festgestellt.
[...] Sohin wird zur Besichtigung der Leiche geschritten und gefunden:

Leiche: Dr. Rudolf Pevny

1. Männliche Leiche, 162 cm lang, von mäßig kräftigem Knochenbau, mäßiger Muskelbildung, hochgradig abgemagert, das Unterhautzellgewebe überall bis auf Spuren geschwunden.
2. Die Haut überall bereits schmutzig grünlich verfärbt, die Oberhaut fast überall fehlend, die frei vorliegende Lederhaut braun-rot vertrocknet, am Rücken sind nur mehr in der Gegend des Kreuzbeines verwaschene schmutzig-bläuliche Totenflecke zu erkennen.
3. Die Gelenke sind schlaff.
4. Von Händen und Füßen sind zum Teil die gelenkigen Verbindungen durch Fäulnis und Erweichung voneinander gelöst.

5. Im Bereiche des Kopfes sind nur stellenweise Reste der Schädelschwarte vorhanden. Diese tragen bis 3 cm lange graumelierte Haare, diese Schädelschwartenstücke sind schmutzig-grünlich verfärbt und faul. Im Bereiche des knöchernen Schädels sind keinerlei Verletzungen nach¬zuweisen.
6. Die Augäpfel sind durch Fäulnis in eine schmutzig bräunliche Masse umgewandelt, die Weichteile des Gesichtes sind durch Fäulnis zerstört, nur mehr in Form einzelner schmutzig-grünlich verfärbter Muskelreste nachzuweisen; auch am knöchernen Gesichtsschädel sind Verletzungen nirgends feststellbar.
7. Die Halshaut schmutzig-grünlich verfärbt, faul, zeigt aber nirgends Verletzungen oder blutige Durchtränkung.
8. Der Brustkorb länglich, nur mäßig gewölbt.
9. Am Rücken und zwar re[chts] von der Wirbelsäule im Bereiche der oberen Brusthälfte findet sich eine Kleinhandflächengroße blutige Durchtränkung des Unterhautzellgewebes und weiters auch der Zwischenrippenmuskulatur. Die Rippen selbst weisen aber keinerlei Verletzungen auf.
10. Der Bauch in Brustebene.
11. Die Geschlechtsteile erscheinen geschrumpft, die Schambehaarung ist dunkelblond, u[nd] z[um] T[eil] graumeliert. Der After durch Fäulnisgase vorgetrieben.
12. An den Unterschenkeln ist die Muskulatur schmutzig-grünlich verfärbt und erweicht, die Muskulatur schmutzig-grünlich verfärbt und erweicht, die Muskulatur der Oberschenkel ist auffallend schwach und zwischen den einzelnen Muskelzügen ist nirgends Fettgewebe nach-zuweisen.
13. Außer der bereits beschriebenen Blutunterlaufung in der re[chten] Rückenhälfte sind äußerlich an der Leiche keinerlei Verletzungsspuren oder Auffälligkeiten nachzuweisen.
Innerlich:
14. Wie bereits äußerl[ich] beschrieben ist der knöcherne Schädel vollst[ändig] unverletzt, das Schädeldach eiförmig, mitteldick, die harte Hirnhaut schmutzig-grünlich und schmutzig-rötlich verfärbt, lässt sich leicht vom Knochen abziehen. Die weichen Hirnhäute und das Gehirn stellen eine grünlich stinkende zerfließliche Masse dar, in der auffallend braunrötliche Verfärbungen nicht nach¬zuweisen sind.
15. Rachen und Kehlkopf sind frei, die Schleimhaut schmutzig-grünlich verfärbt, das Zungenbein und das Kehlkopfgerüst unverletzt auch in den Weichteilen des Halses sind bei der schichtweisen Präparation Blutungen oder Verletzungen nicht nachweisbar.
16. Die Gaumenmandeln klein, zerklüftet, ohne Eiterpfröpfe.
17. Die Schilddrüse klein, grobkörnig, schmutzig-rot.
18. Beide Lungen frei, sie sind zurückgesunken, gewebsarm, schmutzig-grün, verfärbt, faul, lufthältig, trocken.
19. Das Herz ist verkleinert, das Fettgewebe unter der Herzaußenhaut restlos geschwunden, die Herzhöhlen stellen schlaffe Säcke dar, sie sind ausgeweitet, die Muskelbälkchen abgeflacht, die Kammerwände verdünnt, das Herzfleisch erscheint schmutzig-braun, zähe, auf Flachschnitten finden sich einzelne schmutzig-gelbliche Stippchen, die Klappen sind zart und schlussfähig, die Herzkranzschlagadern zeigen mäss[ig] reichlich gelbfleckige Einlagerungen, die gr[oße] Körperschlaga¬der zeigt nur ganz vereinzelt gelbliche Fleckchen.
20. Die Leber klein, scharfrandig, schmutzig-braun und schmutzig-grün, die Zeichnung ver-waschen.
21. Die Milz klein, schmutzig-grün, zerfließlich, faul.
22. Die Nebennieren durch Fäulnis vollständig erweicht.

23. Die Nieren klein, die Kapsel leicht anziehbar, das Fettgewebe überall restlos geschwunden, die Nierenrinde etwas unregelmäßig verschmälert, das Gewebe erscheint schmutzig-braun, die Zeichnung verwaschen.
24. Die Harnwegefrei, die Blase ist leer, die Schleimhaut schmutzig-rötlich.
25. Der Magen vollst[ändig] leer, die Schleimhaut schmutzig-grünlich.
26. Im Dünn- und Dickdarm nur ganz wenig gelblicher Inhalt, die Schleimhaut schmutzig-grünlich.
27. Die Bauchspeicheldrüse schmutzig-rötlich, faul.
28. Eine Lunge wird zur Untersuchung auf Fettschwemmung in die Lungenschlagaderästchen in das Institut für gerichtl[iche] Medizin mitgeführt. Bei der Untersuchung ist eine Fetteinschwemmung nicht nachzuweisen.


g. u. g.

[Unterschrift unleserlich]
[Unterschrift unleserlich]
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